Der Menschensohn

von Meister —, übermittelt von Benjamin Creme

Viele Menschen erwarten die Rückkehr des Christus mit Angst und Bangen. Sie spüren, dass seine Ankunft große Veränderungen in allen Lebensbereichen auslösen wird. Sie vermuten zu Recht, dass seine Wertmaßstäbe ihre Denk- und Lebensweise unausweichlich verändern werden, und sie erblassen bei dieser Vorstellung. Zudem haben die Kirchen jahrhundertelang den Christus auf so mystische Weise dargestellt, dass viele sein Gericht und seine Allmacht fürchten; sie erwarten ihn als einen Gott, der die Bösen strafen und die Gläubigen belohnen wird.

Es ist bedauerlich, dass sich ein derart verzerrtes Bild des Christus im menschlichen Bewusstsein einnisten konnte. Ein solches Wesen gibt es nicht. Um die wahre Natur des Christus zu verstehen, muss man ihn als einen unter ebenbürtigen Gottessöhnen sehen, die alle die Fülle des göttlichen Potenzials in sich tragen und sich nur durch den Grad der Offenbarung dieser Göttlichkeit unterscheiden.

Dass er dieses Maß an Göttlichkeit erreicht hat, ist sein Ruhm, und wir können nur in Ehrfurcht vor dieser Vollendung stehen. Dass eine solche Vollkommenheit äußerst selten erlangt wird, ist unbestreitbar wahr. Aber für die Menschen besteht das Wunder des Christus darin, dass er einer der ihren war. Es gibt keine Prüfungen und Leiden der Menschen, die er nicht ebenso erfahren hat. Jeden Schritt auf dem mühsamen Weg, den die Menschen noch vor sich haben, ist auch er gegangen. Im ganzen Panorama menschlicher Erfahrungen gibt es nichts, was nicht auch er erlebt hat. Darum ist er wahrhaftig des Menschen Sohn.

Es besteht kaum ein Zweifel, dass nur wenige ihn erkennen würden, erschiene er unangekündigt in unserer Mitte. Er entspricht so wenig den gängigen Vorstellungen, dass er völlig unbemerkt in der Menge an uns vorbeigehen könnte. So sieht es heute unter seinen Brüdern aus, während er auf die Einladung der Menschen wartet, um seine Mission zu beginnen. Viele, die ihn täglich sehen, erkennen ihn nicht. Manche erkennen ihn zwar, haben aber Angst, darüber zu reden. Und manche warten und beten in der Hoffnung, dass er der Eine sei, auf den sie nicht zu hoffen wagen. Nur seine Deklaration vor der Welt wird bewirken, dass er im Bewusstsein und in den Herzen der Menschen seinen wahren Platz erhält.

Doch während wir auf diesen Tag der Tage warten, wollen wir uns über die Gründe für seine Rückkehr klar werden. Versuchen wir die Dimension der Aufgabe zu begreifen, die er sich selbst gestellt hat: Er ist gekommen, um die Wirklichkeit Gottes in der Welt zu etablieren. Er ist hier, um die göttlichen Mysterien wieder zu beleben. Er ist unter uns, um die Menschen zu lehren, wie man liebt und Liebe erwidert. Er lebt wieder in der Welt, um den Menschen ihre Brüderlichkeit zu beweisen. Er nimmt diese Bürde auf sich, um dem Vater und den Menschen die Treue zu halten. Er ist zurückgekehrt, um das neue Zeitalter einzuleiten. Er ist von seinem hohen Berg herabgestiegen, um uns die Schätze der Vergangenheit zu bewahren und uns zu den Wundern der Zukunft zu inspirieren, um Gott und Mensch zu verherrlichen.

Schauen wir uns seine Prioritäten an: die Sicherung des Friedens; die Einführung des Systems des Teilens; die Befreiung von Schuld und Furcht – die Läuterung der Herzen und Gedanken der Menschen; die Erziehung der Menschheit nach den Gesetzen des Lebens und der Liebe; eine Einführung in die Mysterien; die Verschönerung unserer Städte; die Erleichterung des Reisens und des Austauschs unter den Völkern; die Schaffung eines gemeinsamen Wissensfonds, der allen zugänglich ist.

Dass diese Aufgabe nicht einfach ist, nicht einmal für den Menschensohn, ist offensichtlich. Die uralte Neigung, Zwietracht zu schüren und zu spalten, hat tiefe Wurzeln, zudem halten Furcht und Aberglaube Millionen Menschen im Bann. Aber nie zuvor in der Weltgeschichte war ein Lehrer besser für seine Aufgabe gerüstet als Maitreya. Er ist gekommen, um gegen Unwissenheit und Furcht, Uneinigkeit und Not zu kämpfen. Seine Waffen sind geistiges Verständnis, Wissen und Liebe; die Wahrheit ist seine strahlende Rüstung.

(Share International, Juni 1984)

Benjamin Creme liest einen Artikel seines Meisters 

„Der Menschensohn“