Evolution versus Schöpfungsglauben
von Meister —, übermittelt von Benjamin Creme, 9. November 2008
Viele Leute glauben oder geben vor, zu glauben, dass diese Welt, so wie sie heute aussieht, nicht älter als 5000 Jahre ist; dass der Mensch und alle Geschöpfe des Tierreichs und die Felsen des Mineralreichs in ein paar Tagen in ihrer, in allen Aspekten bereits vollendeten Form erschaffen wurden.
Sie behaupten, dass die Evolution ein Mythos und der biblische Schöpfungsbericht wortwörtlich wahr und richtig ist. Um eine derartige Theorie zu vertreten, muss man seine Augen verschließen gegenüber der Wissenschaft im Allgemeinen und den Wissenschaften der Geologie, Anthropologie, Paläontologie und Archäologie im Besonderen.
Wahr ist dagegen, dass es Zeiten gab, wo noch kein Mensch auf der Erde lebte und riesige Dinosaurier die Welt durchstreiften und beherrschten. Ebenso wahr ist, dass nach unserer Berechnung die Geschichte des Menschen unendlich viel älter ist, als die heutige Wissenschaft meint. Nach heutigen Schätzungen ist die Menschheit höchstens fünf oder sechs Millionen Jahre alt. Unserer Wissenschaft und Überlieferung zufolge hatte der frühe Tiermensch das Stadium erreicht, mit dem eine Individualisierung möglich wurde und die „Söhne des Denkens“ ihre lange Evolutionsreise beginnen konnten. Der Mensch hat achtzehneinhalb Millionen Jahre gebraucht, um seine heutige Entwicklungsstufe zu erreichen. Wie kommt es, dass intelligente und gebildete „Kreationisten“ angesichts der wissenschaftlichen Beweise an ihrem anscheinend aberwitzigen Konzept festhalten können?
Missverständnisse
Die Antwort besteht darin, dass Evolutionisten und Kreationisten völlig aneinander vorbei argumentieren; beide haben auf ihre beschränkte Weise recht. Die modernen Wissenschaftler, die Darwins Befunde objektiv betrachten, haben umfangreiche Beweismittel für die Theorie der Evolution zusammengetragen, der langen, langsamen Entwicklung des Menschen von seinen tierischen Vorfahren bis heute, die ihnen zufolge vor allem durch die Ausbildung des Denkvermögens möglich wurde.
Die Kreationisten betrachten die christliche Bibel als ihren Leitfaden und ignorieren dabei, dass die Bibel über Hunderte von Jahren von Hunderten von Autoren verfasst wurde; dass sie in symbolischen Worten und Bildern aufgeschrieben wurde und daher nicht wörtlich sondern symbolisch zu verstehen ist. Der Kreationist möchte vor allem betonen, dass der „Mensch“ von Gott „als Gottes Ebenbild“ erschaffen wurde, und daher nichts der Evolution schuldet. Er ist der Ansicht, dass Darwin und seine Gefolgschaft das wesentliche Merkmal des Menschen außer Acht lassen: Dass er ein geistiges Wesen göttlicher Herkunft ist; und wenn er sich nicht immer wie Gottes Geschöpf verhält, habe ihn Satan verdorben.
Überbrückt
Wie könnten diese beiden diametral entgegen- gesetzten Sichtweisen überbrückt und gleichzeitig erweitert werden? Nach unserem Verständnis haben die heutigen Wissenschaftler, die Evolutionisten, zweifelsohne recht mit ihrer Analyse, dass sich der Mensch aus dem Tierreich entwickelt hat. Wir verdanken unsere Körper dem Tierreich, das macht uns aber nicht zu Tieren. Darwin und jene, die seine Gedanken weiter verfolgen, beschreiben nur die äußere, physische Entwicklung des Menschen und ignorieren weithin, dass wir alle mit der Entwicklung des Bewusstseins befasst sind. Die Entwicklung des menschlichen Körpers ist weitgehend abgeschlossen: Nur Weniges könnte noch etwas weiter entwickelt werden. Aus der Perspektive des Bewusstseins jedoch hat der Mensch kaum die ersten Schritte auf dem Weg zu seiner Blüte gemacht, mit der er einmal beweisen wird, dass er tatsächlich göttlich ist, eine Seele in Inkarnation. Eines Tages wird die Realität der Seele von der Wissenschaft bewiesen und allgemein akzeptiert werden – und der alte Zwiespalt überwunden sein.